Das RQM Lautsprecher System

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

04.05.2021

Anfang der 1980er-Jahre hatte ich das Glück, das berühmte HQD System von Mark Levinson hören zu dürfen. Bei diesem System handelte es sich um ein aktives Dreiwegesystem mit Lautsprecherkomponenten der Firmen Hartley, Quad und Decca. Pro Kanal wurden zwei in einem Ständer übereinander angeordnete Quad ESL 57 verwendet, die für den Übertragungsbereich von 100Hz bis 7kHz verantwortlich waren. Die Wiedergabe der Frequenzen oberhalb von 7kHz erfolgte durch einen von ML modifizierten Decca Bändchenhochtöner (ohne Hornvorsatz), der zwischen den Quads angeordnet wurde. Für den Tieftonbereich kamen zwei 24″ Subwoofer Systeme von Hartley zum Einsatz. Weitere Bestandteile des Systems waren die aktiven Mono Frequenzweichen ML LNC-2 und die Class A Endstufen ML-2.

Dieses Hörerlebnis hat mich nachhaltig geprägt, zumal ich zu dem Zeitpunkt schon Besitzer von Stacked Quads war. Als ich 2008 mit dem Aufbau des Subwoofers begann, war für mich klar, dass ich im Endausbau meine eigene Implementierung des HQD Systems anstrebe. Geworden ist daraus das RQM System mit den folgenden Komponenten:

  • RiPol Subwoofer mit einem Übertragungsbereich bis 125Hz
  • Quad ESL 57 in einer Stacked Konfiguration, Übertragungsbereich 125Hz bis 7,5kHz
  • Mundorf AMT 1908C für die Frequenzen oberhalb von 7,5kHz

Im Gegensatz zum Originalsystem verwende ich einen Monosubwoofer, der allerdings für meinen kleinen Hörraum mehr als ausreichend ist.

Für die Aufteilung der Frequenzen sorgt der Lynx Wandler in Verbindung mit dem Convolver PC, es kommen FIR Filter zum Einsatz. Die Quads werden durch zwei ES4 (XA30.8 Nachbauten) und die Mundorfs durch eine ES2 (Aleph J Nachbau) angetrieben. Der RiPol wird wie gehabt von der ES3 versorgt.

Stacked Quads & Mundorf AMT

28.02.2022

Beim originalen HQD System lassen sich die beiden Quads inkl. dem Decca Bändchen um die Mitte des Lautsprecheraufbaus herum kippen – ähnlich einer alten Schultafel. Im Unterschied dazu hat mein RQM System feststehende Gestelle. Dies hat sich über die Jahre bei mir bewährt (siehe Stacked Quads). Der Aufbau ist von den Abmessungen her so gewählt, dass die Mitte des Hochtöners auf 1m Höhe über dem Fußboden liegt, was ziemlich genau der Ohrhöhe von mir entspricht. Die Höhe der Schallwand des AMT beträgt 110mm, gerade so viel, um diesen Hochtöner ordentlich montieren zu können.

Die Gestelle sind wesentlich stabiler ausgeführt als meine alten. Der ganze Aufbau lässt sich oben – am maximalen Hebel – kaum noch bewegen. Das gibt einem nicht nur ein gutes Gefühl, es macht sich auch klanglich deutlich bemerkbar. Die Wiedergabe im oberen Bass-Bereich ist noch einmal präziser geworden, was gegen den „Schultafel“ Aufbau des originalen HQD Systems spricht. Als Konsequenz daraus werden die Gestelle noch mit Streben nach hinten an die Rückwand abgestützt. Das sollte jegliche Schwingneigung aus dem System nehmen. Eine Maßnahme, die mir schon lange im Kopf herum geistert. Vorbereitet dafür sind die Gestelle schon.

Ein Gestell des RQM Systems
Ein Gestell des RQM-Systems

Die Gestelle sind, in gewohnt perfekter Handarbeit, von meinem Freund Jürgen gefertigt worden.
Lieber Jürgen auch an dieser Stelle noch einmal meinen herzlichsten Dank für diese wunderbare Arbeit!

Es handelt sich hier um eine Kombination aus Flächenstrahler mit einem doch eher punktförmig abstrahlenden Treiber. Die Übergangsfrequenz ist kritisch und darf nicht zu niedrig gewählt werden. Ich habe Versuche mit 5kHz und 6kHz gemacht, beide Trennfrequenzen sind unbrauchbar. Insbesondere bei 5kHz wird das unterschiedliche Abstrahlverhalten überdeutlich hörbar.

Aus meinen Versuchen wird klar, dass die Mark Levinson Leute mit 7kHz eine kluge Wahl getroffen haben. Ab dieser Trennfrequenz tritt das unterschiedliche Verhalten in den Hintergrund. Der AMT überträgt „nur“ noch die Oberwellen aller bedeutenden Musikinstrumente und unterstützt die Quads in diesem Bereich. Letztendlich habe ich mich für eine etwas höhere Trennfrequenz bei 7,5kHz entschieden. Damit gehen die Treiber eine sehr gute Symbiose ein.

RiPol

28.02.2022

Alle Informationen zum Aufbau des RiPol’s sind auf meiner Seite über diesen außergewöhnlichen Subwoofer zu finden.

Blick auf den RiPol von schräg vorne

Mittlerweile betreibe ich den RiPol ohne die passive Kompensationsschaltung. Die beiden 30cm Treiber sind somit direkt mit meiner Hypex Endstufe verbunden. Eine Unterdrückung der Resonanzfrequenzen ab ca. 250Hz ist durch die Verwendung der FIR Filter nicht mehr notwendig (siehe unten).

Mit der Übergangsfrequenz zwischen dem RiPol und den Quads habe ich vor vielen Jahren experimentiert und bin am Ende bei 125Hz gelandet. Seit dieser Zeit stelle ich das Ergebnis nicht mehr infrage und verwende sie auch bei der FIR Frequenzweiche.

Digitale Signalverarbeitung

12.04.2022

Von einer einfachen Frequenzweiche wie beim HQD System kann man an dieser Stelle nicht mehr sprechen. Anfang der 1980er-Jahre gab es die hier beschriebenen Möglichkeiten nicht.

Das Stereo Signal wird digitalisiert und mithilfe einer Software (AcourateConvolver) mit Zielfunktionen gefaltet. Die folgenden Veränderungen an den Eingangssignalen werden dabei vorgenommen:

  • 3 Weg Frequenzweiche
  • Laufzeitkorrekturen der Treiber zueinander
  • raumakustische Korrekturfilter
  • Symmetrierung der Phase zwischen den Kanälen

Als Ergebnis erhält man unterschiedliche Ausgangssignale für die einzelnen Frequenzbereiche. Beim RQM System sind es insgesamt 6, die beiden Quads eines Kanals werden aktuell mit dem gleichen Signal versorgt. Der RiPol bekommt die Bassinformationen beider Kanäle (siehe unten). Diese Signale werden nach der D/A-Wandlung den entsprechenden Endstufen / Lautsprechern zugeführt. Beim RQM System sind es insgesamt 7 Hardware Kanäle (1x RiPol, 4x Quads & 2x Mundorfs). Ich will mir für die Zukunft die Option offen halten, die Quads einzeln zu behandeln, deshalb hat jede Quad einen eigenen Kanal.

Man sollte dabei den Einfluss des Messequipments nicht unterschätzen! Was man z.B. mit einem billigen Messmikrofon nicht erfasst kann man auch nicht korrigieren. Hier verhält es sich wie beim Vergleich einer günstigen Audioanlage mit einem hochauflösenden High-End System. Da hilft auch kein Korrektur-File für das Mikro, das korrigiert nur den Frequenzgang und verbessert nicht die Auflösung. Ich habe am Anfang ein solches Mikrofon (<100€) verwendet und nutze heute ein Earthworks M50, die Unterschiede waren mehr als deutlich zu hören. Entsprechend verhält es sich mit dem Rest des Messkanals. Und selbstverständlich gibt es auch für ein Earthworks Mikrofon ein Korrektur-File.

Für alle akustischen Messungen und Berechnungen nutze ich Acourate. Diese Software ist ein sehr mächtiges, aber auch äußerst komplexes Werkzeug für die digitale Signalverarbeitung. Leider lässt die Dokumentation zu wünschen übrig, auch wenn das Acourate-Wiki langsam besser wird. Eine Einarbeitung ohne fremde Hilfe erscheint mir selbst fast unmöglich. Zum Glück habe ich meinen Freund und Mentor Heiner, der mir bei diesem komplexen Weg immer mit Rat und Tat zur Seite steht.

Wie man Acourate grundsätzlich bedient lässt sich an dieser Stelle sehr schön nachlesen (in Englisch).

Im Folgenden wird mit der Zeit eine ausführliche Beschreibung meiner Maßnahmen für das RQM System entstehen, die hoffentlich hilfreich für den einen oder anderen von Euch ist. Zudem findet man weitere Informationen auf den folgenden Seiten:

Digitale Frequenzweiche

Es kommt eine digitale Frequenzweiche, wie sie hier beschrieben ist, zum Einsatz. Nach wie vor verwende ich UB jPol11 FIR Filter 2. Ordnung mit linearer Phase. Auch die Anzahl der TAP’s von 131072 sind gleich geblieben. Natürlich wird hier eine 3 Weg Weiche mit den oben beschriebenen Trennfrequenzen (125Hz & 7,5kHz) benötigt.

3 Wege FIR Frequenzweiche

Auf dem Bild oben ist die aktuell verwendete Frequenzweiche für den linken Kanal zu sehen. In den Übergangsfrequenzen haben die Weichen die gewünschte Dämpfung von -6dB um anschließend sehr steil abzufallen.

Eine Frequenzweiche erstellt man in Acourate mithilfe des Menüpunktes „Generate → Crossover“.

Erstellen meiner Frequenzweiche mit Acourate

Acourate generiert aus diesen Eingaben insgesamt 6 Files:

  • XO1L96.dbl, XO1R96.dbl
  • XO2L96.dbl, XO2R96.dbl
  • XO3L96.dbl, XO3R96.dbl

„XO“ steht zur Kennzeichnung eines Frequenzweichenfiles, „96“ gibt Auskunft über die zugrunde liegende Taktfrequenz, „L“ und „R“ bezeichnen natürlich den linken oder rechten Kanal und die Nummer informiert über den Frequenzbereich. Acourate fängt dabei mit der Zählung im Bass-Bereich an. Übersetzt auf das hier beschriebene RQM System bedeutet das:

  1. RiPol – bis 125Hz
  2. Quads – von 125Hz bis 7,5kHz
  3. Mundorfs – ab 7,5kHz

An dieser Stelle kam bei mir am Anfang die Frage auf, wie man denn nun eine Frequenzweiche für einen Monosubwoofer erstellt? Auf die gleiche Weise, wie gerade beschrieben. Für den Betrieb eines solchen Subwoofers nimmt man die endgültigen Subwoofer Files (Nummerierung 1) und führt sie beide dem Ausgang des Mono-Basstreibers mit jeweils einen um -6dB verringerten Pegel zu. Dabei werden die Signale für den linken und rechten Kanal korrekt addiert. Eine Erläuterung dazu findet man auch hier.

Nachlesen kann man die Erstellung von Frequenzweichen auch im Acourate-Wiki.

Anpassung der Pegel

Bevor man nun tiefer in Acourate einsteigt, sollten die Pegel in den einzelnen Signalkanälen aufeinander abgeglichen werden. Acourate korrigiert diese Unterschiede natürlich, bei größeren Abweichungen geht das aber auf Kosten des digitalen „Headrooms“. Um möglichst wenig Auflösung zu verlieren, ist es deshalb angebracht, eine geeignete Pegel-Einstellung für das eigene System zu finden.

Das RQM System mit unkorrigierten Pegeln

Die Messung oben zeigt den Amplitudenverlauf des RQM Systems nach der Glättung mit Macro 1. Den maximalen Pegel findet man bei ca. 40Hz mit 23dB und den minimalen Pegel bei ca. 6kHz mit -4,5dB. Das ergibt eine Differenz von 27,5dB.

Das RQM System mit korrigierten Pegeln

Die Anpassung der Pegel nehme ich im VV7 vor. Es beeinflusst also nicht die digitale Signalverarbeitung. Ich senkte den Bass und den Hochton geeignet ab. Nun liegt das Maximum bei 18dB und das Minimum bei 1dB, eine Differenz von 17dB. Gegenüber der ursprünglichen Einstellung gewinne ich damit mehr als 10dB.

Laufzeitkorrektur

Die einzelnen Lautsprecher habe nicht den gleichen Abstand zum Hörplatz. Aus diesem Grund müssen die Laufzeiten angepasst werden. Um die Zeiten zu bestimmen, gibt es in Acourate mehrere Möglichkeiten.

Das hier beschriebene Verfahren verschiebt die einzelnen Files der Frequenzweiche definiert zueinander. Der Hochton (XO3x) wird dabei als Referenz genommen und im originalen Zustand belassen. Der Tiefton (XO1x) wird um -4000 Samples und der mittlere Bereich (XO2x) um -2000 Samples verschoben (TD Functions → Rotation). Man lädt sich hierzu die Frequenzweichen Files in die Kurven 1 bis 3 (siehe oben). Da die Crossover Files für den linken und rechten Kanal identisch sind, reicht es nur die 3 Files eines Kanals zu laden. Anschließend werden die entsprechenden Kurven verschoben und als linkes und rechtes File abgespeichert. Verschoben wird durch das „Signal Rotation“ Fenster immer die aktuell aktive Kurve.

Verschieben von XO1x um -4000 Samples

Die so erstellten neuen Files werden auf den AcourateConvolver übertragen, um anschließend eine LogSweep Messung damit durchzuführen. Hierzu müssen die XO*.dbl Files noch in XO*.cpv gewandelt werden. Auf dem folgenden Bild ist die Impulsantwort dieser Messung zu sehen (Time). Zur besseren Übersicht werte ich die beiden Kanäle nacheinander aus.

Impulseantwort des linken Kanals (Time)

Der größte Impuls ist der Hochton, der kleinere davor der Mittelton und kaum zu erkennen die kleinen Wellen davor der Bass. Hätten wir eine perfekte zeitliche Abstimmung zwischen den einzelnen Lautsprechern, dann wäre der Impuls des Mitteltones exakt 2000 Samples vor dem des Hochtones und entsprechend läge der Bass 4000 Samples davor. Die Abweichungen davon sind die gesuchten Zeiten.

Unterhalb des Zeitfensters ziemlich genau in der Mitte gibt es ein Uhren Icon. Damit öffnet man den „Time Alignment Assistant“.

Eintrag des Hochtöners im linken Kanal

In „Test Delays for Time Alignment“ trägt man die gemachten Verschiebungen ein – hier sind es also 0, 2000 und 4000 Samples. Wie man sieht, ist der rechte Kanal schon ermittelt. Wie das geht, zeige ich nun anhand des linken Kanals.

Aktuell haben wir die Messung nicht gezoomt. Der maximale Impuls in dem Messfenster ist der Hochton. Dieser befindet sich bei einer Messfrequenz von 96kHz exakt bei 12000 Samples – das ist so in Acourate programmiert. Eine Klick auf „Left Peak“ übernimmt die Lage des größten Impulses im aktivierten Bereich. Im Fenster „Left“ erscheint wie erwartet 12000. Anschließend wird der Assistant mit „Exit“ verlassen.

Im Time Fenster zoomen wir nun den Mittelton Impuls so heraus, das die größeren Impulse des Hochtons nicht mehr zu sehen sind.

Zeitmessung um den Mittelton Impuls herum gezoomt

Jetzt geht es wieder in den Time Alignment Assistant.

Mittelton Eintrag im linken Kanal

Ein Klick auf „Left Peak“ und es erscheint 10014. Gäbe es keine Abweichung zwischen Hoch- und Mittelton müsste hier 10000 stehen.

Weiter geht es mit dem Bass Impuls. Auch hier muss der Bereich erst einmal entsprechend gezoomt werden. Allerdings ist der Bass Impuls sehr klein und deshalb schlecht zu erkennen. Aber wir wissen, dass er ca. 21ms vor dem Mitteltonimpuls liegen muss, das entspricht 2000 Samples bei einer Messfrequenz von 96kHz. Zudem habe ich die y-Achse von „Auto“ auf ±0,05 gestellt, so lässt sich der Puls besser erkennen.

Bass Impuls gezoomt

Auf dem Bild oben ist der Messausschnitt noch nicht ganz korrekt. Am rechten Rand sieht man die Anfänge des Mittelton Impuls. Bevor man die Werte übernimmt muss, man also den Zoom noch einmal anpassen – die „Spitze“ bei ca. 0,082s sollte die höchste im Fenster sein. Den linken Marker belässt man auf seiner Position und stellt den rechten Marker auf z.B. 0,094s. Danach wird neu gezoomt.

Nach der Anpassung des Bildausschnittes geht es wieder in den Time Alignment Assistant.

Bass Eintrag

Auch jetzt wieder übernimmt der Klick auf „Left Peak“ den Wert in die Liste. Damit sind alle maximalen Impulse für beide Kanäle ermittelt. Die Werte für den linken und rechten Kanal sind bei mir identisch, das spricht für den Aufbau und für die exakt mittige Positionierung des Messmikrofons.

Dankenswerterweise übernimmt Acourate die Auswertung. Mit einem Klick auf „Compute Delays“ erhält man abschließend:

Berechnung der Verzögerungszeiten

Wir sehen das der Bass um 1,66ms und die beiden Hochtöner um 0,15ms gegenüber dem Mittelton verzögert werden müssen. Diese Werte trägt man in die Übertragungsmatrix des AcourateConvolver ein.

Die Werte sind schlüssig, der Monosubwoofer steht in der Mitte und somit am nächsten zu meinem Hörplatz. Auch die Hochtöner sind etwas näher an der Hörposition. Folglich müssen diese Kanäle verzögert werden. Allerdings hatte ich Probleme, die Werte zu interpretieren und so nahm ich mir Papier und Bleistift und rechnete es nach.


Berechnung der Laufzeitverzögerungen aus den ermittelten Werten.

Der Impuls des Mitteltons startet bei 10014 sollte, aber bei 10000 anfangen. Der Mittelton kommt also verspätet. Der Impuls des Tieftons startet bei 7855, sollte aber bei 8000 anfangen. Der Tiefton kommt also zu früh.

Als Erstes werden die Verschiebungen in den Signalen von den Ergebnissen subtrahiert – händisch (TD Functions → Rotation) und von Acourate (12000):

    \begin{eqnarray*} S_{HT} & = & 12000 - 12000 = 0\\ S_{MT} & = & 10014 - (12000 - 2000) = 14\\ S_{TT} & = & 7855 - (12000 - 4000) = -145 \end{eqnarray*}

Positive Werte bedeuten hier also eine verzögerte und negative eine verfrühte Reaktion.

Um nun das RQM System zeitlich richtig zu korrigieren, muss der Tiefton um 145 Samples verzögert und der Mittelton 14 Samples früher übertragen werden. Allerdings ist es nicht möglich, ein Signal früher abzuspielen, dafür müsste das System in die Zukunft schauen können. Digitale Signale lassen sich jedoch sehr leicht verzögern.

Die Lösung des Dilemmas ist es nun, alle Lautsprecher zusätzlich um den größten positiven Wert der oben ermittelten Samples zu verzögern, hier also 14, und erhalten:

    \begin{eqnarray*} S_{HT} & = & 0 - 14 = -14\\ S_{MT} & = & 14 - 14 = 0\\ S_{TT} & = & -145 - 14 = -159 \end{eqnarray*}

Nun sind alle zeitlichen Verschiebungen ≤0 Samples. Die Signale bleiben also gleich (0 Samples) oder müssen verzögert werden (<0 Samples). Dieses Ergebnis ist auch oben im „Time Alignment Assistent“ Fenster zu sehen.


Das größte Problem bei dieser Methode ist der sehr geringe Bass Impuls. In meinem Fall war das Aufspüren des Maximums noch relativ einfach es gibt andere Lautsprecher Aufbauten bei denen dies unmöglich ist. Hierfür nutzt man die oben beschriebene Methode mit Ausnahme des Basskanals. Eine geeignete Methode bei schwierigeren Basssystemen die Verzögerungszeiten exakt zu bestimmen, ist in dem Artikel „Time Alignment of Drivers by Sinewave Convolution“ von Dr. Ulrich Brüggemann beschrieben.

Raumakustische Korrekturfilter

Nachdem das Lautsprechersystem abgestimmt ist, kann es an die raumakustischen Korrekturfilter gehen. Am Anfang steht erst einmal eine Messung mit Acourate (LogSweep). Auf dem AcourateConvolver läuft dafür die Frequenzweiche mit den oben ermittelten Zeitverzögerungen. Ich messe zwischen 10Hz und 30kHz bei einer Dauer von 60s. Zur Erzeugung der Korrekturfiles gibt es in Acourate sogenannte Macro’s die einem einen Großteil der Arbeit abnehmen man gelangt damit sehr schnell zu beeindruckenden Ergebnissen.

LogSweep Messung des RQM Systems mit zeitkorrigierter Frequenzweiche

Das Ergebnis wird erst einmal mit Macro 1 geglättet.

Acourate Macro 1

Die eingetragenen Werte im „Frequency Dependent Window“ stammen von meinem Freund Heiner. Ich habe mit ihnen experimentiert, bin aber immer wieder darauf zurückgekommen. Das gilt auch für Einstellungen im Macro 4 (siehe unten). Wer das erste Mal seine Korrekturfiles erzeugt, sollte ruhig mit den Standardeinstellungen beginnen. Nach dem Lauf von Macro 1 ergibt sich:

LogSweep Messung nach der Glättung mit Macro 1

Für das menschliche Auge sieht das Ergebnis schon ein wenig besser aus. Mit diesen Kurven geht es jetzt in den entscheidenden Schritt, die Bestimmung der Targetkurve in Macro 2.

Bestimmung der Target Kurve in Macro 2

Bei meiner aktuellen Targetkurve geht die „Basic“ Kurve klassisch bis 1kHz und knickt dann ab bis -3dB bei 20kHz – das entspricht -3,85dB bei 48kHz. Das ist die Ausgangslage. Zusätzlich habe ich noch ein „Low Shelf“ mit +0,5dB unterhalb von 150Hz, diese kleine Anhebung hat sich bei vielen Versuchen bei mir bewährt. Im oberen Frequenzbereich setze ich noch ein „HF Roll Off“ von -3dB bei 30kHz ein. Die gemessene Kurve knickt stärker ein, das liegt aber daran, dass ich „nur“ bis 30kHz gemessen habe. Die Mundorfs können noch höhere Frequenzen übertragen.

Ich hörte ca. ein Jahr mit aktiver Raumkorrektur, aber ohne Mundorf AMT. In dieser Zeit bevorzugte ich einen „Knickpunkt“ bei 500Hz. Die Verschiebung auf 1kHz ist aber mit dem AMT sehr viel angenehmer für mich.

Das ganze lässt sich grafisch im Macro 2 Fenster erstellen. Ich ziehe es aber vor, direkt die Datei „Target.tgt“ im aktuellen Arbeitsverzeichnis von Acourate per Texteditor zu bearbeiten.

Das entscheidende bei der Korrektur ist es nun, wohin man die beschriebene Kurve legt (y-Achse). Ich habe mich für 4dB entschieden. Damit wird bestimmt, welche Frequenzbereiche korrigiert werden können (oberhalb der Targetkurve) und welche nicht (unterhalb der Targetkurve). Je tiefer man die Targetkurve ansetzt, desto mehr wird korrigiert, man verliert aber auch an digitalem „Headroom“.

Mit „Save Target“ wird die erzeugte Targetkurve gespeichert. Sie findet sich als braune Kurve in dem Amplitudenverlauf unten wieder.

Die Veränderung der Targetkurve ist ein immer währender „Spielplatz“. Es lohnt sich an dieser Stelle vieles auszuprobieren und sich so dem eigenen Optimum anzunähern – z.B. meine Experimente mit dem „Knickpunkt“ oder der „Low Shelf“. Ist man selbst an diesem Punkt angekommen, hat man für sich schon seit Längerem erkannt, dass das hehrende Ziel, den Konzertsaal in seinen Hörraum zu bringen, nicht zu erreichen ist. Eigentlich geht es darum, vor der eigenen Anlage zu sitzen und mit dem dargebotenen über alle Maße zufrieden zu sein.

Weiter geht es mit Macro 3. Dort wird anhand der gerade definierten Targetkurve die Inverse gebildet.

Berechnung der Inversen mit Macro 3

Für das RQM System gibt es in diesem Macro nichts auszuwählen. Es wird einfach nur mit einem Klick auf „Run Macro3“ ausgeführt. Als Ergebnis bekommt man im aktiven Fenster für die Amplituden:

Amplitudenverlauf der Messung, der Target Kurve und der berechneten Inversen

Als letzten Schritt muss Macro 4 ausgeführt werden.

Berechnung der Korrekturfiles mit Macro 4

Die Werte in „Excessphase window“ habe ich, wie oben schon angedeutet von meinem Freund Heiner als Empfehlung bekommen. Natürlich kann man erst einmal mit den Standard Werten anfangen. Ich selbst bevorzuge aber die empfohlenen Werte, sie sind über viele Jahre optimiert worden.

Unter „Filter samplerate“ aktiviere ich immer alle Taktfrequenzen, mit denen mein Lynx Wandler arbeitet, obwohl meine Standardfrequenz bei 96kHz liegt. Zusätzlich erzeuge ich noch einen Subsonic Filter bei 25Hz. Unter „Add. output format“ muss ich AcourateConvolver CPV selektieren und bekomme damit die benötigten Korrekturfiles für dieses Programm.

Den Haken bei „ICPA“ erkläre ich im nächsten Kapitel.

Oben rechts im Fenster sieht man das das Macro die Existenz der Files für eine 3 Wege Weiche erkannt hat. Sie werden mit eingerechnet. Ein Klick auf „Run Macro4“ erzeugt nun alle benötigten Korrekturfiles. Als Ergebnis bekommt man im aktuellen Arbeitsverzeichnis von Acourate die sechs Korrekturfiles für 96kHz:

  • Cor1L96.cpv, Cor1R96.cpv
  • Cor2L96.cpv, Cor2R96.cpv
  • Cor3L96.cpv, Cor3R96.cpv

Und natürlich auch noch die der anderen selektierten Frequenzen. Insgesamt sind es bei mir 36 Files. Sie folgen der gleichen Namenskonvention wie oben bei den Frequenzweichenfiles beschrieben. Diese Files müssen nun noch für den AcourateConvolver hinterlegt und in die Übertragungsmatrix eingetragen werden.

Hat man die Korrekturfiles laufen, ist man schon sehr sehr weit vorgedrungen. Ab hier sind es eher nur noch kleinere Schritte, die man erzielen kann. In einem High-End Audio System lohnt sich jedoch jeder noch so kleine Fortschritt.

Symmetrierung / ICPA

Hat man die Korrekturfilter berechnet, geht es in diesem Schritt darum, die Symmetrie zwischen den beiden Kanälen herzustellen. Dabei werden nur noch Korrekturen an der Phase der Signale vorgenommen. In Acourate nennt sich diese Berechnung Inter Channel Phase Alignment (ICPA) und wird mit Macro 6 berechnet. Einen kurzen Ausschnitt der Beschreibung von Dr. Ulrich Brüggemann findet sich hier. Zudem hat jeder Nutzer der Version 2 das Dokument „ICPA – Die Optimierung unsymmetrischer Stereo-Setups“ als pdf-File auf dem Rechner mit Acourate vorliegen.

Die Optimierung geschieht im wechselseitigen Einsatz von Macro 4 und Macro 6. Dabei wird erst einmal Macro 4 ohne die zusätzlichen Frequenzberechnungen und die *.cpv Erzeugung durchgeführt. Man sieht auf dem Bild unten das „ICPA“ beim ersten Aufruf ausgegraut ist. Im Arbeitsverzeichnis von Acourate liegen noch keine Files mit den Phasenkompensationsfiltern vor.

Erster Aufruf von Macro 4

Nach der ersten Ausführung von Macro 4 lässt sich Macro 6 aufrufen. Für das RQM System erhalte ich

Erster Aufruf von Macro 6 beim RQM System

Die Peaks unter Q=10 (orange Linie) werden im jeweils eigenen Kanal kompensiert. Für das RQM System sind dies die beiden Peaks bei ca. 81Hz. Alle Peaks oberhalb von Q=10, aber unterhalb von Q=60 (die lila Line), werden im jeweils anderen Kanal nachgebildet. Hier sind es die Peaks bei 148Hz und 152Hz. Alle Peaks größer als Q=60 bleiben unkorrigiert.

Ich habe mir angewöhnt, einen Peak zu kompensieren und anschließend erst einmal wieder Macro 4 laufen zu lassen. Nach erneutem Aufruf von Macro 6 sieht man dann direkt, wie gut der Peak kompensiert oder nachgebildet wurde. Danach begeben ich mich an den nächsten Peak …

Für die Ermittlung zoomt man am besten erst einmal den zu bearbeitenden Peak heraus und setzt dann den Marker auf die Spitze. Dabei darf man nicht vergessen, den richtigen Kanal unter „Source“ zu selektieren. Mit „1. Get Marked Frequency“ übernimmt man die Werte in „f0 [Hz]“ und „Q“. Anschließend können diese Werte mit den Pfeil-Buttons verändert werden. Mit „2. Demo Edited Values“ bekommt man die geänderte Kurve angezeigt. Ist man mit dem Ergebnis zufrieden, klickt man auf „3. Simulate + Optimize“. Danach sieht man, wie sich die Einstellung auf die Phase auswirkt. Überzeugt einem die Korrektur, wird sie mit „4. Save Result“ gespeichert. Die Einstellung erscheint in einem der beiden oberen Fenster. Sind die Ergebnisse dort mit „/ macro4“ gekennzeichnet so sind sie schon mit diesem Macro verrechnet worden. Makro 6 wird mit einem Klick auf „Exit“ verlassen, man verliert jedoch nicht die bis dahin ermittelten Korrekturen.

Macro 6 beim RQM System mit den korrigierten Peaks

Das Bild oben entstand nach der Ermittlung aller 4 für das RQM System relevanten Peaks. Die Kompensation bei 81Hz gelingt perfekt, die Nachbildungen bei ca. 150Hz ganz leidlich. Auf jeden Fall bin ich zufrieden mit dem Ergebnis.

Zum Abschluss wird noch einmal Macro 4 aufgerufen. Dieses Mal werden jedoch die zusätzlichen Frequenzen und die *.cpv Files erzeugt (siehe oben).

Aufruf von Macro 4 nach der Optimierung mit Macro 6

Den Haken vor „ICPA“ setzt Acourate selbst wenn es entsprechende Ergebnisse im aktuellen Arbeitsverzeichnis findet. Damit werden die ICPA Ergebnisse in die Korrekturfiles eingerechnet. Will man das nicht kann man auch den Haken vor „ICPA“ entfernen.

Audiophile Beurteilung

12.04.2022

Mit all den hier beschriebenen Maßnahmen hat die Audioübertragung in meinem Hörraum noch einmal einen deutlichen Schritt nach vorn getan. Seit der Sanierung der Quads im Jahre 2020 und insbesondere mit dem Umstieg auf die digitale Signalverarbeitung Anfang 2021 schreite ich von einem Erfolg zum nächsten. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich einmal an diesem Punkt stehe. Die neuen Gestelle und die Mundorf AMT haben noch einmal für deutliche Verbesserungen gesorgt. Ich kann nur jedem, der ein aktives Mehrwegesystem einsetzt, eindringlich empfehlen, sich mit der digitalen Signalverarbeitung zu beschäftigen. Dabei bin ich mir sehr sicher, dass man den Schritt NIE bereuen wird.