Das RQM Lautsprecher System

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

04.05.2021

Anfang der 1980er-Jahre hatte ich das Glück, das berühmte HQD System von Mark Levinson hören zu dürfen. Bei diesem System handelte es sich um ein aktives Dreiwegesystem mit Lautsprecherkomponenten der Firmen Hartley, Quad und Decca. Pro Kanal wurden zwei in einem Ständer übereinander angeordnete Quad ESL 57 verwendet, die für den Übertragungsbereich von 100Hz bis 7kHz verantwortlich waren. Die Wiedergabe der Frequenzen oberhalb von 7kHz erfolgte durch einen von ML modifizierten Decca Bändchenhochtöner (ohne Hornvorsatz), der zwischen den Quads angeordnet wurde. Für den Tieftonbereich kamen zwei 24″ Subwoofer Systeme von Hartley zum Einsatz. Weitere Bestandteile des Systems waren die aktiven Mono Frequenzweichen ML LNC-2 und die Class A Endstufen ML-2.

Dieses Hörerlebnis hat mich nachhaltig geprägt, zumal ich zu dem Zeitpunkt schon Besitzer von Stacked Quads war. Als ich 2008 mit dem Aufbau des Subwoofers begann, war für mich klar, dass ich im Endausbau meine eigene Implementierung des HQD Systems anstrebe. Geworden ist daraus das RQM System mit den folgenden Komponenten:

  • RiPol Subwoofer mit einem Übertragungsbereich bis 125Hz
  • Quad ESL 57 in einer Stacked Konfiguration, Übertragungsbereich 125Hz bis 7,5kHz
  • Mundorf AMT 1908C für die Frequenzen oberhalb von 7,5kHz

Im Gegensatz zum Originalsystem verwende ich einen Monosubwoofer, der allerdings für meinen kleinen Hörraum mehr als ausreichend ist.

Für die Aufteilung der Frequenzen sorgt der Lynx Wandler in Verbindung mit dem Convolver PC, es kommen FIR Filter zum Einsatz. Die Quads werden durch zwei ES4 (XA30.8 Nachbauten) und die Mundorfs durch eine ES2 (Aleph J Nachbau) angetrieben. Der RiPol wird wie gehabt von der ES3 versorgt.

Stacked Quads & Mundorf AMT

28.02.2022

Beim originalen HQD System lassen sich die beiden Quads inkl. dem Decca Bändchen um die Mitte des Lautsprecheraufbaus herum kippen – ähnlich einer alten Schultafel. Im Unterschied dazu hat mein RQM System feststehende Gestelle. Dies hat sich über die Jahre bei mir bewährt (siehe Stacked Quads). Der Aufbau ist von den Abmessungen her so gewählt, dass die Mitte des Hochtöners auf 1m Höhe über dem Fußboden liegt, was ziemlich genau der Ohrhöhe von mir entspricht. Die Höhe der Schallwand des AMT beträgt 110mm, gerade so viel, um diesen Hochtöner ordentlich montieren zu können.

Die Gestelle sind wesentlich stabiler ausgeführt als meine alten. Der ganze Aufbau lässt sich oben – am maximalen Hebel – kaum noch bewegen. Das gibt einem nicht nur ein gutes Gefühl, es macht sich auch klanglich deutlich bemerkbar. Die Wiedergabe im oberen Bass-Bereich ist noch einmal präziser geworden, was gegen den „Schultafel“ Aufbau des originalen HQD Systems spricht. Als Konsequenz daraus werden die Gestelle noch mit Streben nach hinten an die Rückwand abgestützt. Das sollte jegliche Schwingneigung aus dem System nehmen. Eine Maßnahme, die mir schon lange im Kopf herum geistert. Vorbereitet dafür sind die Gestelle schon.

Ein Gestell des RQM Systems
Ein Gestell des RQM-Systems

Die Gestelle sind, in gewohnt perfekter Handarbeit, von meinem Freund Jürgen gefertigt worden.
Lieber Jürgen auch an dieser Stelle noch einmal meinen herzlichsten Dank für diese wunderbare Arbeit!

Es handelt sich hier um eine Kombination aus Flächenstrahler mit einem doch eher punktförmig abstrahlenden Treiber. Die Übergangsfrequenz ist kritisch und darf nicht zu niedrig gewählt werden. Ich habe Versuche mit 5kHz und 6kHz gemacht, beide Trennfrequenzen sind unbrauchbar. Insbesondere bei 5kHz wird das unterschiedliche Abstrahlverhalten überdeutlich hörbar.

Aus meinen Versuchen wird klar, dass die Mark Levinson Leute mit 7kHz eine kluge Wahl getroffen haben. Ab dieser Trennfrequenz tritt das unterschiedliche Verhalten in den Hintergrund. Der AMT überträgt „nur“ noch die Oberwellen aller bedeutenden Musikinstrumente und unterstützt die Quads in diesem Bereich. Letztendlich habe ich mich für eine etwas höhere Trennfrequenz bei 7,5kHz entschieden. Damit gehen die Treiber eine sehr gute Symbiose ein.

RiPol

28.02.2022

Alle Informationen zum Aufbau des RiPol’s sind auf meiner Seite über diesen außergewöhnlichen Subwoofer zu finden.

Blick auf den RiPol von schräg vorne

Mittlerweile betreibe ich den RiPol ohne die passive Kompensationsschaltung. Die beiden 30cm Treiber sind somit direkt mit meiner Hypex Endstufe verbunden. Eine Unterdrückung der Resonanzfrequenzen ab ca. 250Hz ist durch die Verwendung der FIR Filter nicht mehr notwendig (siehe unten).

Mit der Übergangsfrequenz zwischen dem RiPol und den Quads habe ich vor vielen Jahren experimentiert und bin am Ende bei 125Hz gelandet. Seit dieser Zeit stelle ich das Ergebnis nicht mehr infrage und verwende sie auch bei der FIR Frequenzweiche.

Digitale Signalverarbeitung

10.04.2024

Von einer einfachen Frequenzweiche wie beim HQD System kann man an dieser Stelle nicht mehr sprechen. Anfang der 1980er-Jahre gab es die hier beschriebenen Möglichkeiten nicht.

Das Stereo Signal wird digitalisiert und mithilfe einer Software (AcourateConvolver) mit Zielfunktionen gefaltet. Die folgenden Veränderungen an den Eingangssignalen werden dabei vorgenommen:

  • 3 Weg Frequenzweiche
  • Laufzeitkorrekturen der Treiber zueinander
  • raumakustische Korrekturfilter
  • Symmetrierung der Phase zwischen den Kanälen

Als Ergebnis erhält man unterschiedliche Ausgangssignale für die einzelnen Frequenzbereiche. Beim RQM System sind es insgesamt 6, die beiden Quads eines Kanals werden aktuell mit dem gleichen Signal versorgt. Der RiPol bekommt die Bassinformationen beider Kanäle (siehe unten). Diese Signale werden nach der D/A-Wandlung den entsprechenden Endstufen / Lautsprechern zugeführt. Beim RQM System sind es insgesamt 7 Hardware Kanäle (1x RiPol, 4x Quads & 2x Mundorfs). Ich will mir für die Zukunft die Option offen halten, die Quads einzeln zu behandeln, deshalb hat jede Quad einen eigenen Kanal.

Man sollte dabei den Einfluss des Messequipments nicht unterschätzen! Was man z.B. mit einem billigen Messmikrofon nicht erfasst kann man auch nicht korrigieren. Hier verhält es sich wie beim Vergleich einer günstigen Audioanlage mit einem hochauflösenden High-End System. Da hilft auch kein Korrektur-File für das Mikro, das korrigiert nur den Frequenzgang und verbessert nicht die Auflösung. Ich habe am Anfang ein solches Mikrofon (<100€) verwendet und nutze heute ein Earthworks M50, die Unterschiede waren mehr als deutlich zu hören. Entsprechend verhält es sich mit dem Rest des Messkanals. Und selbstverständlich gibt es auch für ein Earthworks Mikrofon ein Korrektur-File.

Für alle akustischen Messungen und Berechnungen nutze ich Acourate. Diese Software ist ein sehr mächtiges, aber auch äußerst komplexes Werkzeug für die digitale Signalverarbeitung. Leider lässt die Dokumentation zu wünschen übrig, auch wenn das Acourate-Wiki langsam besser wird. Eine Einarbeitung ohne fremde Hilfe erscheint mir selbst fast unmöglich. Zum Glück habe ich meinen Freund und Mentor Heiner, der mir bei diesem komplexen Weg immer mit Rat und Tat zur Seite steht.

Wie man Acourate grundsätzlich bedient lässt sich an dieser Stelle sehr schön nachlesen (in Englisch). Zudem findet man weitere Informationen auf den folgenden Seiten:

Eine ausführliche Beschreibung der Optimierung des RQM Systems mit Hilfe der digitalen Signalverarbeitung findet sich hier.

Audiophile Beurteilung

12.04.2022

Mit all den hier beschriebenen Maßnahmen hat die Audioübertragung in meinem Hörraum noch einmal einen deutlichen Schritt nach vorn getan. Seit der Sanierung der Quads im Jahre 2020 und insbesondere mit dem Umstieg auf die digitale Signalverarbeitung Anfang 2021 schreite ich von einem Erfolg zum nächsten. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich einmal an diesem Punkt stehe. Die neuen Gestelle und die Mundorf AMT haben noch einmal für deutliche Verbesserungen gesorgt. Ich kann nur jedem, der ein aktives Mehrwegesystem einsetzt, eindringlich empfehlen, sich mit der digitalen Signalverarbeitung zu beschäftigen. Dabei bin ich mir sehr sicher, dass man den Schritt NIE bereuen wird.